GAIA-X AISBL, national Hubs und Datensouveränität

Thomas Hahn, vormaliger Deputy Chairman bei Gaia-X und jetziges Mitglied des Board of Directors der Gaia-X AISBL, sprach mit DIO darüber, wie es zur Initiative Gaia-X kam, welche Funktionen die „National Hubs“ erfüllen und was der optimale Output von Gaia-X wäre. 

Herr Hahn, danke, dass Sie sich Zeit nehmen, um mit uns über Gaia-X zu sprechen. Wie kam es denn überhaupt zur Initiative Gaia-X? 

Die Gaia-X Initiative ist vor ungefähr zwei Jahren durch das deutsche Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) quasi als Spin-Off der Plattform Industrie 4.0 entstanden. Bei der Plattform Industrie 4.0 gab es Diskussionen, dass es beispielsweise für ein Elektrizitätsnetz, für ein Wassernetz eine gewisse Souveränität gibt. Nun sind die Netze des 21. Jahrhundert Daten, ergo sollte dort ebenfalls Souveränität angestrebt werden. Das war die Idee. Aus der Frage „Wie adressieren wir Datensouveränität?“ ist dann im BMWi ein Projekt entstanden, dass dann 2019 beim Digitalgipfel letztendlich als „Gaia-X“ vorgestellt wurde. 2020 kam es dann zu einem Agreement mit Frankreich und ab dann war es nicht mehr nur ein deutsches, sondern ein deutsch-französisches Leitprojekt, mit jeweils elf beteiligten Firmen und Forschungsinstitutionen der beiden Länder. 

Als nächster Schritt gründeten wir gemeinsam eine Assoziation, eine sogenannte Gaia-X AISBL in Brüssel. Das nahm etwas Zeit in Anspruch – es mussten Verträge erarbeitet werden, Notariatstermine wahrgenommen werden, wir brauchten ein sogenanntes „Royal Degree“ und so weiter. Die International Non-Profit-Organisation „Gaia-X AISBL“ war dann mit Januar 2021 offiziell.        

Welche Aufgabe hat die Gaia-X AISBL genau? 

Rechtspersönlichkeit sein – das ist mal das Triviale. Dann wollen wir Standard Setting betreiben, Federated Services definieren und auch die Zertifizierungsrichtlinien dafür schaffen. Wir wollen einen Proof of Concept erstellen, Data Spaces ermöglichen und auch unterstützen. Außerdem hilft die Assoziation dabei das Ökosystem aufzubauen, zu netzwerken und zu diskutieren, um zu erfahren, was wir brauchen, um die Gaia-X Ziele zu erreichen und das dann auch bestmöglich auf den Weg zu bringen. Und ein ganz wichtiger Aspekt der AISBL ist die Community Pflege! Das heißt Events und Workshops organisieren, Kooperationen aufbauen, die lokalen Hubs betreuen etc. 

Sie haben davon gesprochen, dass Datensouveränität angestrebt werden soll. Was umfasst die Thematik Datensouveränität denn alles? 

Wenn wir bei Gaia-X von Datensouveränität sprechen, kann das verschiedene Data Spaces betreffen, aber auch zum Beispiel die Portabilität zwischen verschiedenen Cloud-Anbieter*innen, sprich die Frage wie bekomme ich meine Daten von A nach B. Wie sehen sichere Services aus? Im Endeffekt betrifft es alles, was am Ende in sogenannte „Federated Services“ mündet. Betrachtet man sich beispielsweise das „X“ (s. Grafik), hat man im oberen Bereich die Anwendungen, im unteren Cloud- oder Edge- Anbieter*innen und dazwischen die Federated Services. Und wir müssen uns die Frage stellen wie diese Services aussehen sollen und wie wir sie sozusagen „nach unten hin“ abbilden können, um Datensouveränität garantieren zu können. Was bei der Thematik Datensouveränität auch eine große Rolle spielt, ist das Standard-Setting, also die Entwicklung eines Proof of Concepts, dass im Rahmen von Gaia-X entwickelt werden soll. 

Grafische Darstellung von GAIA-X und der Verteilung der verschiedenen Thematiken, die damit zusammenhängen. Es werden alle Verknüpfungen vom Daten- bis zum Infrastruktur Ökosystem aufgezeigt.

© Gaia-X AISBL

 

Welche Aufgaben erfüllen die „National Hubs“ dabei?

Unser Ziel ist – bildlich gesprochen – der Aufbau eines „Netzes“. Wir haben einerseits die AISBL die hier schon Teil des Netzes ist und andererseits die National Hubs. Die „fangen“ sozusagen die lokale Community ein und integrieren sie in dieses Netz. Neben der Community sollen die Hubs auch eine Verbindung zur lokalen Politik und der lokalen Förderlandschaft sein. 

Abseits vom reinen Ausbau des Netzes und dem Austausch darin, hat jeder Hub ein eigenes Schwerpunktthema. In Deutschland liegt der Schwerpunkt zum Beispiel auf Industrie und Herstellung. In Spanien würde der Schwerpunkt vielleicht eher in Richtung Tourismus gehen. In Österreich könnte der Schwerpunkte vielleicht in beide Richtung gehen – nur mal als Beispiel. Also es gilt einfach zu schauen, was benötigt wird. Das kann in jedem Land unterschiedlich sein. 

Ein Ziel von Gaia-X ist es also durch diese Schwerpunkte auch möglichst viele datenrelevante Bereiche (oder zumindest die großen) abzudecken? 

Das auf jeden Fall. Vor allem gilt es, die Dinge zu finden, die relevant sind für ein Land. Das Einbeziehen lokaler Bedürfnisse muss im Vordergrund stehen. Man wird beispielsweise in Österreich nicht zwingend einen Data Space für die Hochseefischerei aufsetzen. Die Hubs kennen natürlich den Bedarf in ihrem eigenen Land am besten und haben dann, wenn man sich die technische Seite anschaut, hier auch den Link zu lokalen Firmen, die man da hinzuziehen könnte. Das kann eine Organisation von Brüssel aus nicht leisten. 

Wie kann ein National Hub entstehen? 

Das ist einfach. Wir haben dafür in der AISBL ein Projekt aufgesetzt, um das zu unterstützen. Länderspezifisch macht man sich einen Termin aus und bespricht, was man mit dem Hub machen will. Wir als AISBL versuchen dann zu beraten und auch zu vermitteln, falls es Hubs gibt, die in eine ähnliche Richtung gehen. Oder wir vermitteln zwischen schon bestehenden Hubs und solchen, die sich erst bilden. Und über kurz oder lang soll hier auch ein gewisser Multiplikator-Effekt entstehen. 

Was wäre Ihrer Meinung nach der optimale Output von Gaia-X? 

Der optimale Output für mich wäre erstens, dass wir zu einem weltweiten Standard für Federated Services kommen und hier eine gute Interoperabilität haben, sodass Cloud A und auch Cloud B Anbieter*innen homogen angesprochen werden können. Das heißt, dass wir eine Referenzarchitektur aufgesetzt haben und auch zu diversen Regularien unseren Input einbringen konnten. Ein weiterer optimaler Output wäre, wenn wir unseren Beitrag bei der Datennutzung leisten können und durch Data Space das datenbezogene Business in Europa stärken können. Und last but not least, dass wir auch ein Geschäft aufbauen und exportieren können, also, dass es lokale Cloudanbieter*innen aus Europa gibt, die weltweit mithalten können. 

Vielen Dank für diese Einblicke! 

 

Alle aktuellen Informationen zur GAIA-X AISBL finden Sie auf der offiziellen Gaia-X AISBL Website und auf der DIO Website unter Gaia-X.