Mit der zunehmenden Digitalisierung werden Daten selbst zum Produkt. Damit rückt notwendigerweise die Frage der Verfügungsrechte über diese Daten (Intellectual Property Rights, IPR) in den Fokus der Betrachtung: Wem gehören die Daten? Wer darf die Daten wie nutzen und wie lange?
Um den Wert von Daten zu ermitteln und dann anschließend zu erhalten, müssen Daten ausreichend dokumentiert, nachvollziehbar verwaltet und archiviert werden. In diesem Zusammenhang ist eine funktionale Rolle im Umgang mit Daten sowie dem Datenmanagement entstanden: der „(Business) Data Steward“.
Doch welche Rolle nimmt ein Data Steward bei der Wertschöpfung aus Daten und der Kommerzialisierung ein? Und wie kann ein (Business) Data Steward helfen, eine Wertschöpfung aus Daten als Produkt zu bekommen?
Um all diesen Fragen auf den Grund zu gehen, veranstaltete die Data Intelligence Offensive (DIO) in Kooperation mit dem EU Horizon-2020-Projekt TRUSTS – Trusted Secure Data Sharing Space am 1. Juni 2021 zwei praxisnahe Online-Workshops.
Eingeleitet wurden die Workshops mit Kurzinputs zu Intellectual Property Rights (IPR) beim Datenaustausch sowie Data Stewardship und Kommerzialisierung von Daten. In Brainstorming-Sessions konnten die Teilnehmenden ihre eigenen Erfahrungswerte und Erwartungen diskutieren.
Workshop 1: Intellectual property rights (IPR) beim Datenaustausch (10:00 – 11:30)
MMag. Norbert Amlacher, Leiter der DIO Arbeitsgruppe Daten und Recht, eröffnete mit einem Kurzinput zum Thema IPR beim Datenaustausch. Er sprach unter anderem darüber, wer und wie über Daten verfügt. Ist dies der/die Besitzer*in des Sensors (Besitzer*in einer Produktionsmaschine oder etwa eines Autos usw.) oder der/die Hersteller*in des Sensors (wie derzeit noch im Beispiel der Sensoren in Fahrzeugen)?
Das österreichische Sachenrecht gibt nicht viel Aufschluss. Zumal, weil es einer reinen Definition des Daten-Begriffes fehlt. Außerdem wird im österreichischen Sachenrecht zwischen Eigentum und Besitz unterschieden, weshalb Herr Amlacher erläuterte: „Eigentum kann man laut herrschender Meinung nur an körperlichen Dingen kriegen. Das bedeutet, wenn man sagt, Daten sind keine körperliche Sache, dann kann ich auch kein Daten-Eigentum haben.“ Trotzdem ist ein Datenhandel möglich, da die Vergabe der konkreten Befugnisse vertraglich regulierbar ist.
Schauen Sie sich den Kurzinput von Norbert Amlacher hier an:
Workshop 2: Data Stewardship und Kommerzialisierung Von Daten (14:00 – 15:30)
Dipl.-Ing. Axel Quitt, DIO-Data Steward, erklärte im zweiten Workshop, dass sich die Art der Verwendung von Daten ganz wesentlich auf die Rolle des Data Stewards auswirkt. Zu Beginn galten Daten als Prozessergebnisse, welche administriert wurden. Doch mit der Zeit veränderte sich die Verwendung und somit auch die Wertschöpfung der Daten: von Daten als Prozessbefähiger zu Daten als Produktbefähiger hin zu Daten als Produkt. Die Kernfrage laut Axel Quitt lautet: „Wo sind die Aufgabenstellungen zusammengefasst, die organisatorisch sicherstellen, dass die Daten in der entsprechenden Qualität, zur richtigen Zeit und mit der entsprechend korrekt zugeordneten Wertschöpfung in den jeweiligen Konstrukten der Datenökonomie verwendet werden können? Das ist ein Feld, das ist unbesetzt. Das kann die Rolle des Data Stewards sein, kann sich aber auch ganz anders entwickeln.“
Schauen Sie sich den Kurzinput von Axel Quitt hier an:
Brainstorming-Sessions: Diskussion und Fazit
Nach den Kurzinputs wurden die Teilnehmenden in Brainstorming-Sessions – also in kleinere Gruppen – gegliedert, wo sie ihre Erfahrungen beziehungsweise den Umgang der Organisation mit Intellectual Property teilten und Vorschläge zu Schutzniveaus und pragmatische Lösungen gaben.
Dabei ging die Komplexität im Umgang mit IPR hervor und der Wunsch nach Guidelines, um den Umgang zu erleichtern. Die Teilnehmenden stimmten überein, dass diese auf EU-Ebene einheitlich geregelt und kommuniziert werden müssen, da mit Daten grenzübergreifend gearbeitet wird. Die Schwierigkeit für Organisationen/ Institutionen in Bezug auf IPR ergibt sich daraus, dass die Datenerhebung den eigentlichen Aufwand darstellt. Hier bedarf es an IPR-Regeln und eindeutig definierte Begriffe: Data Sharing Agreements, Data Ownership, etc. Die Teilnehmenden waren sich einig, dass perspektivisch IPR-Schutz nur mit Datenzertifikaten zu schaffen ist.
Auch die Rolle eines Data Stewards wurde heiß diskutiert: jahrelange Branchenerfahrung, wirtschaftliches Denken, Kommunikationsfähigkeit und Interdisziplinarität (Jus und IT) wurden als Voraussetzung genannt. Im Idealfall soll ein Data Steward das Bindeglied zwischen Recht, Technik und Forschung sein. Eine Zertifizierung, als Gewährleistung der Kompetenz, wird gewünscht.
Allem voran braucht es einen Wandel der Kultur, noch herrscht zu große Unsicherheit vor dem Teilen und Handeln mit Daten. Es fehlt das Vertrauen an die Qualität der eigen- aber auch fremdproduzierten Daten sowie rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die ein sicheres Data-Sharing & -Trading ermöglichen. DIOs Ziel ist es, diesen Kulturwandel voranzutreiben. Seien Sie dabei!